Das Bundesgericht

Damit in einem Staat die Macht nicht allein einer Person oder einer Organisation gehört, gibt es die Gewaltenteilung.  Es gibt drei Staatsgewalten: Die Legislative, die Exekutive und die Judikative. Die Judikative ist dafür zuständig, dass in einem Land das Recht eingehalten wird.  

In der Schweiz ist das Bundesgericht Teil der Judikative. Es ist das oberste Gericht der Schweiz. Dies bedeutet, dass alle anderen nationalen und kantonalen Gerichte dem Bundesgericht untergeordnet sind.  

Übersicht

  • Das Bundesgericht
    • Wie ist das Bundesgericht entstanden?
    • Was sind die Aufgaben des Bundesgerichts?
    • Andere nationale Gerichte
  • Die Bundesverfassung
    • Wie ist die Bundesverfassung entstanden?
    • Was steht in der Bundesverfassung?

Wie ist das Bundesgericht entstanden?  

  • 1848 Erste Bundesverfassung der Schweiz

    Das Bundesgericht wurde durch die erste Bundesverfassung von 1848 gegründet. Jedoch wurde das Bundesgericht nur zu gewissen Anlässen und an verschiedenen Orten aktiv.  

  • 1874 Erste komplette Überarbeitung der Bundesverfassung (Totalrevision)

    Im Jahr 1874 gab es eine Totalrevision der Bundesverfassung, sie wurde also komplett überarbeitet und angepasst. Seither ist das Bundesgericht eine ständige Institution mit festem Hauptsitz in Lausanne. «Ständig» bedeutet, dass das Gericht durchgehend aktiv ist, und nicht nur an gewissen Anlässen. 

  • 1999 2. Totalrevision der Bundesverfassung

    Mit der Totalrevision der Verfassung von 1999 bekam das Bundesgericht eine stärkere Rolle. Es ist seither das höchste Gericht der Schweiz im Zivilrecht, Strafrecht, Verwaltungsrecht und Verfassungsrecht. Im Verlauf der 2000er-Jahre wurde auch Luzern zu einem weiteren Standort des Bundesgerichts

  • 2007 Weiterer Standort

    Das Bundesgericht erhält einen zweiten Standort in Luzern.

Wie ist das Bundesgericht aufgebaut? 

Wie viele Bundesrichter/-innen gibt es?

Laut der Verfassung besteht das Bundesgericht aus 35-45 Bundesrichter/-innen. Die Bundesversammlung legt die genaue Anzahl der Bundesrichter/-innen fest. Im Jahr 2022 hat die Bundesversammlung die Anzahl Richter/-innen von 38 auf 40 erhöht.

Wie lange bleiben Bundesrichter/-innen im Amt?

Die Amtsperiode beträgt sechs Jahre und Bundesrichter/-innen können so oft wiedergewählt werden, wie sie antreten wollen. Sie müssen ihr Amt jedoch abgeben, sobald sie 68 Jahre alt werden.

Wer darf Bundesrichter/-in werden?

Die Bundesverfassung schreibt keine juristische Ausbildung vor. Es kann also eine Person als Bundesrichter/-in gewählt werden, die kein Rechtsstudium abgeschlossen hat. Das wird aber in der Praxis nicht gemacht. Es können aber nur Personen gewählt werden, die in der Schweiz stimmberechtigt sind.  

Was sind die Aufgaben des Bundesgerichts?

Überprüfen von Urteilen unterer Gerichte 

Das Schweizer Bundesgericht ist die höchste Instanz im Schweizer Recht. Es ist also das oberste nationale Gericht. Die Schweiz kennt mehrere Gerichte mit unterschiedlichen Kompetenzen. 

In der Schweiz gibt es mehrere Gerichte mit unterschiedlichen Kompetenzen. Auf kantonaler Ebene gibt es zum Beispiel sogenannte Bezirks- oder Regionalgerichte. Diese Gerichte diskutieren und urteilen über die Anwendung und Verletzungen des Rechts. Ist eine Person mit dem Urteil nicht einverstanden, so kann sie es von einem nächsthöheren Gericht überprüfen lassen. Dieser Weg von Gericht zu Gericht wird Instanzenzug genannt. Instanzen sind die verschiedenen Stufen, in diesem Fall die Gerichte, die das Urteil durchläuft. 

Ein Urteil weiterziehen: Wie läuft das ab?

In den meisten Fällen wird dann das Urteil vom Bezirks- oder Regionalgericht vom sogenannten Kantons- oder Obergericht geprüft. Dieses Gericht stimmt entweder dem Urteil zu oder gibt ein eigenes Urteil. Falls eine Person auch mit dem Urteil des Kantons- oder Obergerichts nicht einverstanden ist, so kann sie das Urteil weiterziehen. Dann wird das Urteil vom Kantons- oder Obergericht vom Bundesgericht geprüft. Das Bundesgericht stimmt entweder dem Urteil zu oder gibt ein eigenes Urteil. Da das Bundesgericht das höchste Gericht der Schweiz ist, kann das Urteil nicht mehr weitergezogen werden. Eine Aufgabe des Bundesgerichts ist es also, die Urteile unterer Gerichte zu prüfen. Das Weiterziehen eines Urteils an höhere Gerichte nennt man auch Instanzenzug.  

Ausnahme: Internationale Gerichte

Gewisse Gesetze sind international festgelegt. Zum Beispiel regelt die Europäische Menschenrechtskonvention die Menschenrechte. Ein Staat, welcher die Konvention unterschrieben hat, muss diese Menschenrechte einhalten. Ist also ein/e Bürger/-in der Auffassung, dass ein Urteil des Bundesgerichts gegen die Menschenrechtskonvention verstösst, so kann die Person das Urteil des Bundesgerichts weiterziehen. Das Urteil wird dann vom Europäischen Gericht für Menschenrechte in Strassburg geprüft.  

Einheitliche Rechtsanwendung 

Das Bundesgericht schaut, dass das Schweizer Recht einheitlich angewendet wird. 

Gesetze können unterschiedlich ausgelegt werden. Es ist daher möglich, dass z. B. ein Gericht in der Westschweiz ein Gesetz anders deutet als ein Gericht in der Ostschweiz. Dies kann zu unterschiedlichen Urteilen führen. Da jeder Mensch in der Schweiz gleich ist vor dem Gesetz, dürfen gleiche Angelegenheiten nicht unterschiedliche Urteile zur Folge haben. Aus diesem Grund schauen die Gerichte der Schweiz auf die Urteile des Bundesgerichts. Sie orientieren sich also an der Rechtsprechung des Bundesgerichts. Dadurch hat jede/r Bürger/-in dieselben Rechte, dieselben Pflichten und dieselbe Bestrafung.  

Entwicklung des Rechts 

In der Schweiz gibt es über 5000 nationale und internationale Gesetze. Dazu kommen noch viele kantonale Gesetze, die von Kanton zu Kanton anders sind. Zusätzlich können Rechte und Pflichten auch in anderen Texten des Rechts, wie z. B. Verordnungen, geregelt sein. Nichtsdestotrotz kommt es vor, dass gewisse Anliegen nicht oder nicht eindeutig im Gesetz geregelt sind. Trifft das Bundesgericht Entscheide über solche Angelegenheiten, schafft es dadurch neue Leitlinien. An diesen können sich Gerichte unterer Instanzen in ähnlichen Fällen orientieren. So kann sich das Recht fortlaufend weiterentwickeln.

Beispielurteile des Bundesgerichts findest du auf der Website des Bundes

Andere Nationale Gerichte

Das Bundesgericht regelt in vielen Fällen Urteile, welche von einem kantonalen Gericht gesprochen und daraufhin weitergezogen wurden. In der Schweiz kommt es jedoch auch vor, dass gewisse Angelegenheiten direkt auf nationaler Ebene geregelt werden müssen. Für diese Fälle gibt es drei weitere nationale Gerichte und die Militärjustiz:

Das Bundesstrafgericht 

Das Bundesstrafgericht hat seinen Sitz in Bellinzona. Es regelt alle Fälle, die das Strafrecht betreffen. Wenn eine Person gegen das Strafrecht verstösst, spricht man von einer Straftat. Das Bundesstrafgericht urteilt über Straftaten, die die Schweiz als Ganzes betreffen. Beispiele für solche Straftaten sind das organisierte Verbrechen, Geldwäscherei und Wirtschaftsverbrechen. Wenn Personen mit den Urteilen des Bundesstrafgerichts nicht einverstanden sind, können sie das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen.

Das Bundesverwaltungsgericht

Das Bundesverwaltungsgericht hat seinen Sitz in St.Gallen. Das Bundesverwaltungsgericht urteilt hauptsächlich über Beschwerden, welche die Verwaltung der Schweiz betreffen. Die sogenannte Bundesverwaltung regelt die Organisation der Schweiz in verschiedenen Departementen. Die Departemente, welche je einem Bundesrat zugeordnet sind, sind nach verschiedenen Kategorien unterteilt. Genaue Informationen zu den sieben Departementen findest du hier. Beispiele für die Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht sind zu Entscheidungen im Asylrecht und zu grossen Verkehrs- oder Infrastrukturprojekten. Wenn Personen mit den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts nicht einverstanden sind, können sie das Urteil an das Bundesgericht weiterziehen.

Das Bundespatentgericht 

Das Bundespatentgericht hat seinen Sitz in St.Gallen. Das Bundespatentgericht urteilt hauptsächlich über Streitigkeiten, die Patente betreffen. Ein Patent ist ein Recht, welches eine technische Erfindung schützt. Das erste Schweizer Patent hat Paul Perret am 1. November 1888 für seine Erfindung erhalten. Das Patent CH1 schützte das Uhrwerk, welches er erfunden hatte. Das bedeutet, dass Paul Perret offiziell das Recht hatte, anderen Personen die Nutzung seiner Erfindung zu verbieten. Wenn Personen mit einem Urteil des Bundespatentgerichts nicht einverstanden sind, können sie das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen. 

Die Militärjustiz 

Die Militärjustiz regelt und verfolgt Straftaten im Zusammenhang mit der Schweizer Armee. Auch wenn die Mitglieder der Militärjustiz Angehörige der Armee sind, ist die Militärjustiz kein Teil des Militärs und deshalb unabhängig. Die Gesetze der Armee sind im Militärstrafgesetz geregelt und betreffen vor allem Angehörige der Armee. Unter gewissen Umständen sind auch Zivilpersonen von diesen Gesetzen betroffen. Z. B. sind Zivilpersonen nach Artikel 86 des Militärstrafgesetzes strafbar, wenn sie geheime Informationen der Armee an fremde Staaten weitergeben. Verstösse gegen das Militärstrafgesetz werden von Militärgerichten behandelt

Die Bundesverfassung

Wie ist die Schweizer Rechtsprechung aufgebaut? 

Das Bundesgericht ist dafür zuständig, dass das Schweizer Recht eingehalten wird. Aber was ist «das Schweizer Recht» überhaupt? 

Das Recht schreibt vor, was in einer Gesellschaft erlaubt ist und was nicht. Diese Verhaltensgrundsätze werden Rechtsnormen genannt. In der Schweiz werden die Rechtsnormen in der Bundesverfassung, in Gesetzen und Verordnungen geregelt.  

Die Bundesverfassung

Die Bundesverfassung schreibt die obersten nationalen Verhaltensgrundsätze vor. Sie definiert die Grundrechte und die Pflichten der Schweizer/-innen. Die Verfassung regelt zudem die Organisation des Staates. Alle rechtlichen Bestimmungen unterstehen der Bundesverfassung. Das bedeutet, dass Gesetze und Verordnungen nicht der Bundesverfassung widersprechen dürfen.

Das Bundesgesetz

Auf Grundlage der Verhaltensgrundsätze in der Bundesverfassung werden Bundesgesetze gemacht. Ein Gesetz ist eine rechtliche Bestimmung. Das heisst, es regelt einen bestimmten Teil des Zusammenlebens. Gesetze legen z. B. Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten fest. Das Parlament beschliesst die Gesetze.

Verordnungen

Auf Grundlage der Bundesgesetze werden Verordnungen gemacht. Verordnungen sind Anforderungen, die Gesetze ausführen, ergänzen und vervollständigen. Alle drei Gewalten der Schweiz – der Bundesrat, das Bundesgericht und das Parlament - dürfen Verordnungen erlassen.

Wann ist die Bundesverfassung entstanden?

  • 1848 Erste Schweizer Verfassung

    Im Jahr 1848 wurde aus dem Staatenbund der Schweiz ein Bundesstaat. Ein Staatenbund ist eine internationale Gemeinschaft mit denselben Interessen (z. B. die Afrikanische Union). Der Schweizer Bundesstaat ist seit 1848 ein Staat bestehend aus Kantonen, welche in gewissen Bereichen selbständig sind (wie z. B. die Vereinigten Staaten von Amerika). Dieser Wandel wurde in der ersten Schweizer Verfassung vom 12. September 1848 geregelt.  

  • 1874 Totalrevision der Bundesverfassung

    Im Jahr 1874 gab es die erste Totalrevision der Bundesverfassung. Das heisst, dass die erste Verfassung aus dem Jahr 1848 überarbeitet wurde. So wurde zum Beispiel das fakultative Referendum eingeführt.

  • 1999 2. Totalrevision der Bundesverfassung

    Die Bundesverfassung, wie wir sie heute kennen, stammt aus dem Jahr 1999. In diesem Jahr wurde die Verfassung zuletzt totalrevidiert. Bei dieser Überarbeitung der Verfassung wurden vor allem bisherige Entscheidungen des Bundesgerichts eingebaut.

Was Steht in der Bundesverfassung?

Präambel

Die Bundesverfassung beginnt mit der Präambel. Eine Präambel ist eine feierliche Einleitung einer Verfassung, eines Vertrags, eines Gesetzes und anderer Texte. Die Präambel der Bundesverfassung zeigt das Denken, die Kultur und die Werte der Schweiz in kurzer Form auf.  

Erster Teil

Der erste Teil der Bundesverfassung befasst sich mit der allgemeinen Organisation der Schweiz. Zum Beispiel nennt der erste Artikel der Verfassung alle Kantone der Schweiz und der vierte Artikel alle Landessprachen.  

Zweiter Teil

Der zweite Teil enthält die Grundrechte, Bürgerrechte und Sozialziele der Schweiz. So ist zum Beispiel geregelt, dass alle Menschen gleich sind vor dem Gesetz und dass das Verhüllen des Gesichtes im öffentlichen Raum grundsätzlich verboten ist.  

Dritter Teil

Der dritte Teil zeigt die Aufgaben des Bundes, jene der Kantone und wo sie zusammenarbeiten. Zum Beispiel steht in Artikel 54 der Verfassung, dass internationale Angelegenheiten normalerweise vom Bund geregelt werden.  

Vierter Teil

Der vierte Teil zeigt die Rechte des Volkes in politischen Angelegenheiten. Inhalt dieses Teils sind die politischen Rechte und Pflichten. Zum Beispiel das Recht zur Volksinitiative und zum obligatorischen und fakultativen Referendum. Ausserdem steht z. B. in Artikel 137 der Verfassung, dass die Parteien an der Meinungsbildung des Volkes mitwirken.  

Fünfter Teil

Im fünften Teil stehen Regelungen, die den Bundesrat, die Verwaltung, die Bundesversammlung – National- und Ständerat – und das Bundesgericht betreffen. Beispiele für den Inhalt dieses Teils sind die jeweilige Amtsdauer, die Zusammensetzung oder die Zuständigkeiten.  

Sechster Teil

Der sechste und letzte Teil regelt die Revisionen und Übergangsbestimmungen. Eine Revision ist eine Überarbeitung der Bundesverfassung. Übergangsbestimmungen regeln den Übergang vom bisherigen zum neuen Recht. Dies verhindert, dass Änderungen miteinander in Konflikt geraten.  hh 

Die komplette Bundesverfassung findest du hier.