Biodiversitätsinitiative22. September 2024

Ziel: Der Bund und die Kantone sollen mehr Schutzflächen schaffen, die Schutzflächen besser schützen und mehr Geld in den Schutz der Biodiversität investieren.

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Ausgangslage

Die Biodiversität hat in den letzten Jahren abgenommen. Laut Bund sind aktuell fast die Hälfte der Tier-, Pflanzen- und Pilzarten gefährdet. Um sie zu schützen, haben Bund und Kantone Massnahmen ergriffen. Diese umfassen z. B. die Pflege von Schutzgebieten und die Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft und im Wald.  

Zudem hat der Bund die wertvollsten Naturräume, Landschaften und Ortsbilder in einer Liste (Inventar) erfasst. Diese Gebiete geniessen einen erhöhten Schutz und gelten als Schutzobjekte. Infrastrukturen, wie z. B. Gebäude und Strassen, dürfen dort nur sehr eingeschränkt gebaut werden. Für den Erhalt der Biodiversität gibt der Bund rund 600 Millionen Franken pro Jahr aus. 

Es wurde eine Volksinitiative eingereicht, die weitere Massnahmen zum Schutz der Biodiversität verlangt. Deshalb stimmen wir nun darüber ab.

Was würde sich ändern?

Falls die Vorlage angenommen wird, wird die Bundesverfassung ergänzt. Bund und Kantone müssen unter anderem für Folgendes sorgen:

  • Erhalt von schutzwürdigen Landschaften, Ortsbildern, Orten mit historischer Bedeutung sowie Natur- und Kulturdenkmälern
  • Schonung von Natur, Landschaft und Bauten mit kultureller Bedeutung, auch ausserhalb der Schutzobjekte 
  • Bereitstellung von Flächen, Mitteln und Instrumenten zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität

Der Bund bestimmt in Absprache mit den Kantonen, welche Schutzobjekte von nationaler Wichtigkeit sind. Die Kantone entscheiden, welche für ihren Kanton wichtig sind.

Die zusätzlichen Kosten für den Bund und die Kantone sind unklar. Sie betragen grob geschätzt 400 Millionen Franken pro Jahr.

Argumente der Befürworter/-innen

  • Die Biodiversität sorgt z. B. für sauberes Wasser und gesunde Nahrung. Durch die Initiative werden deshalb unsere Lebensgrundlagen geschützt.
  • Die Initiative verlangt zielgerichtete Massnahmen zum Schutz der Biodiversität. Die Natur und die Landschaft können geschont und gleichzeitig genutzt werden. 
  • Die bisherigen Massnahmen für die Biodiversität reichen nicht aus.

Argumente der Gegner/-innen

  • Der Bund und die Kantone kümmern sich bereits gezielt um die Biodiversität. Weitere Vorgaben sind nicht notwendig.
  • Die Initiative sorgt für zusätzliche Vorgaben. Das schränkt die Behörden in ihrem Handeln zu stark ein.
  • Die Initiative verlangt höhere Anforderungen für Neubauten in schützenswerten Gebieten. Das macht es schwieriger, bestehenden Wohnraum auszubauen.

Wieso ist die Biodiversität in der Schweiz gefährdet?

Die Biodiversität in der Schweiz ist aus vielen Gründen gefährdet. Es liegt beispielsweise an gesellschaftlichen Entwicklungen, die zu einer zu starken Nutzung von Landfläche geführt haben. Es liegt aber auch am Klimawandel und der Verbreitung von Arten, die eigentlich anderswo heimisch wären.

Gesellschaftliche Entwicklungen

Die Gewohnheiten der Gesellschaft haben sich in den letzten hundert Jahren stark verändert. Unter anderem:

  • brauchen wir mehr Energie, was bedeutet, dass mehr Stromproduktionsanlagen wie z. B. Solaranlagen gebaut werden müssen.
  • reisen wir mehr zwischen verschiedenen Orten hin und her. Dafür braucht es mehr Mobilitätsinfrastruktur wie z. B. Bahnstrecken und Strassen.
  • ernähren wir uns anders. Deswegen wird viel Fläche für Landwirtschaft genutzt.
  • haben mehr Menschen mehr Hobbys im Freien, wie z. B. Skifahren oder Wandern.

 

All diese Entwicklungen beanspruchen Landflächen, die speziell dafür genutzt werden. Pro Tag wird in der Schweiz etwa die Fläche von acht Fussballfeldern überbaut. Zudem ist es so, dass besonders auf landwirtschaftlichen Flächen durch den grossflächigen Einsatz von Dünger und Pestiziden viel Biodiversität verloren geht. Diese sind schlecht für den Boden, da Dünger dem Boden nicht genug verschiedene Nährstoffe gibt und Pestizide giftig sind.

 

Klimawandel

Der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität hängen fest zusammen. Viele Arten sind auf ein bestimmtes Klima eingestellt. Wird es zu warm oder zu kalt, müssen sie anderswo hin oder sie sterben. Umgekehrt können Pflanzen und Tiere helfen, den Klimawandel zu bekämpfen, indem sie z. B. Treibhausgase aus der Atmosphäre filtern.

 

Ein Beispiel für eine Schweizer Tierart, die vom Klimawandel bedroht ist, ist die Nidwaldner Haarschnecke. Bisher wurde die Schnecke nur in drei Kantonen gefunden: Nidwalden, Obwalden und Uri. 

 

Die Nidwaldner Haarschnecke ist zwischen fünf und sechs Millimeter gross und ist hellbraun. Sie lebt auf einer Höhe von mindestens 1900 Meter über dem Meeresspiegel und versteckt sich meistens unter flachen Steinen. Da die Schnecke bereits sehr weit oben auf den Bergen zu Hause ist, hat sie kaum Möglichkeiten, weiter nach oben zu kriechen, wenn sich das Klima in der Schweiz weiter erwärmt.

 

Fremde Arten

Durch die Globalisierung gelangen auch immer mehr fremde Arten in die Schweiz. Fremde Arten sind Arten, die in der Schweiz nicht heimisch sind. Aktuell gibt es in der Schweiz 1305 fremde Arten. Die meisten davon schaden der Biodiversität nicht. Es gibt aber einige, die durch ihre Ausbreitung den natürlichen Lebensraum der heimischen Arten möglicherweise übernehmen und gefährden. Diese Arten werden «invasive» Arten genannt. Sie machen etwa 15 Prozent aller fremden Arten aus. Der Bund hat hier eine Liste aller invasiven Arten.

Welche Massnahmen gibt es zum Schutz der Biodiversität?

Die Biodiversität wird sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene geschützt.

Schutzgebiete (national)

Um die Biodiversität in der Schweiz zu schützen, braucht es eine ökologische Infrastruktur. Das ist ein Netzwerk von verschiedenen Flächen, die wichtig sind für die Biodiversität. Zu der ökologischen Infrastruktur gehören Kern- und Vernetzungsgebiete. Kerngebiete werden auch als Schutzgebiete bezeichnet.

Kerngebiete sind Gebiete, die besonders wichtig sind für die Biodiversität, z. B. weil es dort bereits viele verschiedene Arten gibt. Diese Gebiete allein reichen aber nicht aus, denn viele Arten wechseln regelmässig ihren Lebensraum. Damit sie das auch tun können, gibt es die Vernetzungsgebiete. Diese funktionieren wie eine Art Gang, der die Gebiete verbindet. So können die Arten für ihre Nahrungssuche, Fortpflanzung oder zum Eigenschutz von einem Ort zum anderen wechseln.

Laut Bund muss etwa ein Drittel der Fläche der Schweiz zu Kern- oder Vernetzungsgebieten werden, damit die Biodiversität erhalten werden kann.

Biodiversität in Wohngebieten (national)

Um die Biodiversität zu schützen, hat der Bund Qualitätsziele für Wohngebiete geschaffen. Dabei ist das grundsätzliche Ziel, dass nur so viel Fläche wie nötig neu bebaut wird.

Eine weitere Massnahme zum Schutz der Biodiversität in Wohngebieten ist z. B. die Schaffung und Erhaltung von Grün- und Wasserflächen, die möglichst naturbelassen sind. Dadurch bleibt etwas Biodiversität erhalten und die Wohngebiete werden zu Vernetzungsgebieten die verschiedenen Schutzzonen verbinden.

 Aktionsplan Biodiversität (national)

Den Aktionsplan Biodiversität gibt es seit 2017. Ursprünglich war er bis 2023 angedacht, ist aber bis 2024 verlängert worden. Der Aktionsplan besteht aus drei Aktionsbereichen, in denen jeweils verschiedene Massnahmen enthalten sind. Ein Aktionsbereich ist ein Bereich, in welchem es Handlungsbedarf gibt.

Die Aktionsbereiche sind:

  • Direkte, langfristige Förderung der Biodiversität
    • Eine Massnahme in diesem Bereich ist z. B. die Erstellung und Erweiterung der ökologischen Infrastruktur und die Verbesserung der bestehenden Schutzgebiete.
  • Nachhaltige Nutzung, ökonomische Werte, internationales Engagement
    • Hier geht es darum, die Biodiversität aus verschiedenen Perspektiven zu erhalten und zu fördern; z. B. durch die Förderung von Biodiversität in Wohngebieten und die internationale und interkantonale Zusammenarbeit.
  • Generierung und Verbreitung von Wissen
    • Dieser Aktionsbereich sieht vor, dass das Wissen über die Biodiversität und deren Zustand in der Schweiz weiterverbreitet wird. Zudem sind darin auch Massnahmen vorgesehen, um die Forschung im Bereich Biodiversität zu unterstützen.

Internationales Biodiversitätsabkommen

Es gibt mehrere internationale Abkommen zum Schutz der Biodiversität. Eines der wichtigsten ist das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD). Dieses Übereinkommen ist ein Vertrag zwischen 196 Ländern.

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt wurde 1992 verabschiedet. In der Schweiz ist es seit 1995 in Kraft. Alle beteiligten Länder müssen laut dem Übereinkommen Massnahmen zum Schutz der Biodiversität und zur nachhaltigen Nutzung ergreifen. Im Rahmen des CBD haben die Länder 2010 neue Strategie für Biodiversität für die Jahre 2011-2020 und die Biodiversitätsziele festgelegt. Keines der gesetzten Ziele wurde bis 2020 komplett erreicht.

Im Jahr 2022 haben die beteiligten Länder deswegen erneut eine Strategie beschlossen. Darin gibt es Ziele bis 2030 und Ziele bis 2050.

Zu den Zielen bis 2030 zählt unter anderem der Schutz von 30 Prozent der weltweiten Oberfläche, inklusive Gewässer und Meere. (2022 waren 10 Prozent der weltweiten Oberflächen geschützt).

Zu den Zielen bis 2050 zählt unter anderem der Erhalt der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art.

Genetisch vielfältig bedeutet, dass viele verschiedene Lebewesen mit unterschiedlichen biologischen Eigenschaften der Umwelt erhalten bleiben. Genetisch vielfältig innerhalb einer Art bedeutet, dass es von derselben Art (z. B Schafe), möglichst viele Tiere gibt, die nicht direkt verwandt sind.

  • Hier findest du das komplette Übereinkommen über die Biologische Vielfalt.
  • Hier findest du den Pressebericht der CBD von 2022 (auf Englisch).

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